Wir waren kürzlich wieder mal auf Tour mit unserem «Rolling Home». Gemütlich ging’s gegen Südfrankreich – alles auf Nebenstrassen. Da und dort wurde übernachtet, eine schöne Reise!

Am Mittelmeer war’s – in der Gegend von Sete, fast an unserem geplanten Ziel. Vorher wollte ich noch meinen halbleeren Tank auffüllen. Ich steuerte eine kleine Tankstelle an, leider fast zu klein für meine Wohnkiste. Ich stand halt ein bisschen sperrig in der Gegend, versperrte ziemlich den Platz, aber die Leute da unten sind sehr freundlich und tolerant, also kein Problem für die kurze Zeit.

Die Zapfsäulen sind in der Regel getrennt nach Benzin und Diesel, und die Zapfhahne sind meistens auch noch farblich unterschiedlich. In Frankreich ist normalerweise Benzin grün und Diesel gelb. Hier war’s anders: Benzin weiss, Diesel blau, fünf Zapfhahnen in Reihe an der gleichen Säule. Zwei Sorten Diesel, zwei Sorten Benzin plus Zweitaktgemisch.

Nach kurzer Orientierung war ja klar: Normal-Diesel, also Hahn «Normal» in den Einfüll-Stutzen und marsch. Und dann, plötzlich ein Schrei aus der Führerkabine: «Aber doch nicht Benzin! Stopp, Stopp»! Ein kurzer Blick auf die Säule: tatsächlich, ich hatte es geschafft, Normal-Benzin zu tanken statt Normal-Diesel! Sofort stopp natürlich und Lage-Beurteilung.

Klar war, der Motor darf nicht gestartet werden. Die ultrapräzisen Feinbauteile in den mit Hochdruck arbeitenden Einspritzsystemen moderner Commom-Rail-Dieselmotoren müssen geschmiert werden, um nicht zu blockieren. Und nur Diesel hat diese spezielle Schmiereigenschaft. Benzin wirkt gegenteilig, reinigend, es zerstört den notwendigen Schmierfilm, die Teile fressen an. Das Gemisch muss also abgepumpt und fachgerecht entsorgt werden. Soweit die Theorie.

Nur: Ich stand sehr quer in der Landschaft, das grosse Ding wegschieben war praktisch unmöglich, und es gab keinen Platz, um auf einen Pannendienst zu warten.

Eine Überschlags-Rechnung ergab ein Mischungsverhältnis von knapp 20 Prozent Benzin wenn der Tank noch ganz mit Diesel gefüllt würde. Kann ich riskieren, den Motor zu starten und hier weg zu fahren?

Ich ging das Risiko ein, füllte mit Diesel auf, startet und fuhr ganz sachte weg. Der Motor drehte, ohne zu stottern oder nageln, das machte Mut, und ich beschloss, sehr schonend unseren geplanten Platz anzusteuern. Es waren ja nur noch wenige Kilometer.

Es ging – den Göttern sei Dank – gut. Wir standen nun auf unserem schönen Platz und wir konnten vorläufig aufatmen. Aber wie ein Damokles-Schwert hing dauernd die Frage über uns, was muss jetzt passieren? Hat die Einspritz-Anlage oder gar der Motor bereits Schaden genommen? Müsste ich den Wagen in eine Garage schleppen lassen?

Im Internet ging ich auf die Suche nach Rat. Die meisten Beiträge zu diesem Thema waren beunruhigend: Die Schadenhöhen schwankten von 6’000.- bis 10’000.- Euro, wenn der Motor bereits mit der Mischung gestartet wurde. Aber ich fand wenigstens einen Beitrag, der mir sofort einleuchtete und der mir Hoffnung gab: Zweitaktöl! Dieses vermischt sich ja mit dem Benzin und sorgt bei einem Zweitaktmotor für die Schmierung. Also müsste damit auch die Schmierfähigkeit meines Gemischs verbessert werden.

Ich bin dann mit dem Fahrrad in die nächste Stadt, nach Agde, gefahren und habe dort in einem Autoshop «Huile de 2-Temps» gefunden. Davon habe ich 6-7 Deziliter im meinen Dieseltank geschüttet, und damit meinten wir, das Thema bis zu unserer Abreise ad acta gelegt zu haben. Aber je näher dieser Tag kam, umso mehr drängte es sich natürlich wieder in den Vordergrund. Wir hatten die Rückreise eigentlich ziemlich knapp geplant, wegen einem fixen Termin zuhause. Wir entschlossen uns schliesslich doch etwas früher abzureisen, zur Sicherheit, falls wir doch mit dem Zug heimreisen müssten.

Und so fuhren wir los, die ersten 50 Kilometer wie auf Nadeln. Dann nachtanken, um das Gemisch zu verbessern. Dann wieder die nächsten 100 Kilometer, wieder tanken. Am nähsten Tag voller Optimismus, aber immer noch schonend die nächsten 200 Kilometer fahren, dann volltanken. Und der Motor schnurrte ohne irgendwelche Besonderheiten zufrieden vor sich hin. Im Internet gibt’s zwar Hinweise, dass sogar nach 10’000 Kilometer noch Schäden auftauchen können, aber wir glauben fest an unser Glück. Und so verlief die weitere Heimreise in kurzen Etappen, ohne Katastrophe, genussvoll, aber mit weiteren Tankstopps.

Und jetzt legen wir das Thema endgültig ad acta, ausser, dass ich meiner Co-Pilotin ewig Dank schulde, dass nicht noch mehr Benzin in den Tank kam, und dass ich auf dem Tankdeckel einen gelben Streifen aufklebe, darauf steht «DIESEL?»

Nachtrag: Der Tankvorgang aus der Sicht meiner Co-Pilotin

Da fährt er aber echt knapp an die Säulen ran, eine kleinere Tanke für das grossen Ding hat er wohl nicht gefunden!
Und was studiert er denn jetzt lange an den Zapfhahnen herum, ist doch alles angeschrieben.

Im Rückspiegel sehe ich einen kleinen Stau hinter uns, das lange Ding versperrt halt die Zufahrt zu den anderen Säulen, aber es dauert ja nicht so lange. Er ist bereits am Einfüllen.

Aber halt, was ist denn das? Da fehlt doch der Hahn für Benzin, und der Zähler an der Benzinsäule läuft! Er tankt Benzin, spinnt der? Geht das?

Ich schreie, aber er hört mich nicht. Hektik pur, die elektrische Seitenscheibe funktioniert mangels Zündung nicht, meine Seitentür ist verriegelt, also muss ich auf die Fahrerseite rutschen, Tür aufstossen und dann schreien:
«Halt, halt, nicht Benzin!»

Er reagiert sofort, wirft einen Blick auf den Schlauch und schaut mich wie ein ertappter Schulbube an und flucht dann wie ein Fremdenlegionär in der Sahara. Und erklärt mir unsere Situation und die möglichen Folgen, was leider gar nichts zu meiner Beruhigung beiträgt. Er hat dann das wahrscheinlich Bestmögliche getan, mit Diesel vollgetankt, bezahlt und ist vorsichtig weggefahren. An der Kasse wird man sich wohl gewundert haben über das Betankungs-Geheimrezept dieses Kunden. Und unsere Weiterfahrt verlief dann sehr, sehr einsilbig und spannungs-geladen.

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