Die OLMA

Ich kenne einen Weinanbauer im Welschland, der ein grosses Gebiet bewirtschaftet, mit einem echten Chateau. Seither kenne ich seine Weine und ihn und schätze sie und ihn gleichermassen. Der hat letzhin eine Einladung geschickt an seinen OLMA-Stand samt Gratis-Eintrittskarte.

Nun bedeutet die OLMA für den richtigen St.Galler etwa das was Mekka für den Muslim: man muss mindestens einmal im Leben da gewesen sein, besser mehrmals.
Ich war noch nie da! Diese Einladung war für mich wie ein Wink des Schicksals: Mach deine Hausaufgaben, lüpfe deinen Arsch und pilgere endlich gen Osten!

Die Anreise

So bin ich gepilgert, in die ferne Hauptstadt, welche mir trotz Kantons-Zugehörigkeit recht fremd ist. Ich kann auf einem grossen Parkplatz parken. Dann zu Fuss im Zentrum angekommen stellt sich die Frage: wo ist die Messe? Fragen hilft, man spricht ja deutsch.

Der erste Angesprochene ist ein Engländer, er versteht aber nicht gut englisch, wenigstens meines nicht, ich seines auch nicht. Aber auf das Stichwort OLMA reagiert er sofort mit einem Redeschwall, woraus ich verstehe: ans Ende der Strasse und dort dann nach links. Dort steht aber nur ein grosses Plakat mit der Information dass jetzt eben die OLMA stattfindet und die Öffnungszeiten und so. Weiter fragen also, die Nächste ist keine Hiesige, aber dann: ein echter Einheimischer! In seinem so sympatischen Dialekt (Föteli!) weist er mich sehr begeistert und detailliert ein, ich speichere alles ab und ziehe los.

Der Anmarsch

Nach einigen Ecken und Unterführungen komme ich an den beschriebenen Park, und danach an den hoch gelobten riesigen Jahr-Markt welcher immer mit der OLMA zusammen abgehalten werde und auch eine Sensation sei, und an dessen Ende dann eben diese OLMA-Hallen seien.

Der erste Eindruck ist einfach der: wie komme ich da durch? Es sieht aus wie wenn hier der Start zu einer Völkerwanderung wäre. Der Sog packt mich, und es geht vorwärts, schrittchenweise. Es gelingt mir kurz auszuscheren um mir ein Pack Magenbrot zu kaufen, ich hab ja noch nichts Gescheites gegessen und doch schon einiges geleistet. Es gäbe auch schon OLMA-Bratwürste, aber die spare ich mir für später auf. Und mit den letzten Brocken Magenbrot im Mund tauchen dann tatsächlich die Hallen auf.

Die Messe

Ich habe keine Ahnung was wo gezeigt wird und lasse mich von der Masse weiter schieben. Man bewegt sich sehr langsam, man ist ja gekommen um zu schauen, Ungeduld ist hier fehl am Platz, und auch wenn einem das Gezeigte gar nicht interessiert: man kann nicht entrinnen, man ist Teil einer zähflüssigen Masse. Im Moment fliessen wir durch einen Riesenstall, Kuh neben Kuh, und alle strecken den Menschen ihre Ärsche entgegen. Warum Kuh-Ärsche an eine Messe gehören und warum die ausstellungs-würdig sind ist mir nicht so klar.

Aber die Masse schwemmt mich weiter bis ich dann endlich ausbüxen kann und ein Plätzchen finde wo ich mich zum beobachten hinstelle, gleich neben einem Brillenputzer, der mir unbedingt meine neuen Kunststoff-Gläser mit seinem trockenen Tuch „polieren“ will. Gaahts no? Da ist mir der Fensterputzer ein bisschen weiter mit seiner Nano-Chemie schon sympatischer, obwohl: er meint, damit müssen die Fenster nur noch zwei mal im Jahr geputzt werden, dabei haben’s meine zuhause ohne Nano nur einmal im Jahr nötig, also kein Kauf.

Die OLMA-Bratwurst

Dafür habe ich jetzt eine der berühmten OLMA-Bratwürste im Visier, die Mutter aller Würste, wie man rühmt. Der Wurst-Inhalt ist streng definiert und wird überwacht, viele Leute kommen nur wegen dieser Wurst an die Messe! Sie kostet einen stolzen Preis, hat dafür aber auch ein etwas grösseres Kaliber.

Sie wird mir auf einem Karton mit einem Bürli serviert, und jetzt passierts, der Fauxpas meines Lebens, an der OLMA, in meiner Hauptstadt: ich frage nach Senf!
Der Effekt ist ähnlich wie wenn ich an einer SingleMalt-Degustation CocaCola zum verdünnen erbeten hätte: das Gedränge lichtet sich, man rückt von mir ab! Ich bin Mittelpunkt!

Das Standchef schaut mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, und dann geht’s los. Mit erhobener Stimme hält er mir einen Vortrag darüber, dass man zu einer OLMA-Bratwurst nun mal gar nichts anderes brauche als eben Wurst, dass nur schon der Gedanke an Senf eine Wurst-Beleidigung sei und einem Sakrileg gleichkäme und ob ich denn das erstemal an einer OLMA wäre! Zustimmendes Köpfe-Nicken rundum. Ein Wunder dass man mir meine Wurst nicht wegnimmt. Aber als mich dann die anderen Wartenden auch noch mit ihren Kommentaren eindecken schleiche ich mich davon. Wahrscheinlich haben die noch lange über dieses OLMA-Greenhorn gelästert welches Senf zur Bratwurst wollte, zu einer OLMA-Bratwurst!

Die Weinhalle

Ziemlich verstört habe ich dann zum Glück ein Paradies gefunden, eine Halle voll mit Alkohol! Auch da waren viele Leute, aber kein grosses Geschiebe, eine ganz andere Atmosphäre, schön. Am Stand unseres Winzers grosse Begrüssung, und hier habe ich mich für den Rest meines OLMA-Besuchs installiert. Ich habe mich bei der Degustation von feinen Weinen (die ganze Liste bis zuunterst!) und mit guten Gesprächen mit anderen Gästen von dem ganzen Stress herrlich erholt.

Und auch meine seelische Wurst-Deformation wurde hier auf eine wunderbare Weise geheilt: unser Schlossherr hat nämlich OLMA-Bratwürste serviert, an Currysauce!

Die Heimkehr und Fazit

Ich habe mich dann viel später wieder langsam dem Jahrmarkt entlang Richtung Innenstadt schieben lassen. Wieder Zuhause wurde für mich eines ganz klar: mein nächster OLMA-Besuch findet auf dem Weingut unseres Winzers im Welschland statt, ohne Kuh-Ärsche, und da gibt’s dann statt OLMA-Bratwurst eine Saucisson, mit Senf, Amen!

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