Plan-Abweichungen.
Der Plan.
Am 12. Sept. will ich mich mit einer Sternen-Gruppe in Mittel-Italien treffen. Da zur Zeit eine Rekord-Hitze herrscht starte ich nicht gegen Süden wie ursprünglich geplant sondern nach Norden. Mein neuer Plan ist, mich im nahen Schwarzwald etwas umzusehen und dann gemächlich mit vielen Etappen im weiten Bogen Richtung Süden zu fahren.
Der Start.
Wie bei den meisten Plänen kommt es meistens etwas anders raus, auch hier. Ich bin gleich am ersten Platz unweit der Schweiz hängen geblieben, in Neuenburg am Rhein. Da gibt’s ein Ferienparadies vom Feinsten, und ich bekomme als Witwer sogar noch 20% Rabatt auf den stolzen Preis.
Ich knüpfe schon beim Einparken und Aufstellen Kontakt mit links und rechts, vorn und hinten, und kann feststellen: hier ist gut sein! Ich habe einen wunderbaren Platz, ein riesiger Baum spendet mir ganztags Schatten, ein Geschenk bei 37° Hitze. Ganz klar dass sich in kurzer Zeit fast alle Nachbarn unter meinem Baum versammeln, Schweizer, Deutsche, Holländer, alles sehr nette Paare, es wird richtig familiär! Und ich habe nicht das “Fünfte-Rad-Gefühl”. Ein paar entspannte Tage folgen, der angrenzende Baggersee mit 25 Grad hat für mich genau die richtige Temperatur.
Bedenken.
Bei den vielen “Hocketen” mit den Nachbarn erfahre ich dass die Italiener eine neue Geldquelle entdeckt haben: obwohl in Italien keine Abgas-Kontrolle Pflicht ist kontrollieren sie bei den Touristen die Abgas-Dokumente. Wenn der Termin abgelaufen ist können Bussen bis zu 1’000.- Euro ausgesprochen werden. Dies mit dem Argument dass das Fahrzeug in der CH nicht zugelassen sei! Es sollen sogar schon Fahrzeuge konfisziert worden sein, was dann immensen Aufwand und Kosten verursacht. Eine tolle Geldmaschine!
Bei der Kontrolle meiner Plaquette habe ich nun gesehen dass mein Termin bereits mehrere Monate abgelaufen ist, liederlich, ich weiss, ich habe die Plaquette auch sofort entfernt! Sehe aber auch dass vor 7’000 Km ein Service nötig gewesen wäre. Und zusätzlich hat man mich beim Einparken aufmerksam gemacht dass mein Scheinwerfer vorne rechts nicht mehr brennt, ein weiterer Minuspunkt, sehr liederlich, ich ich habe Bedenken so nach Italien zu fahren!
Neuer Plan.
Also umplanen, fertig mit Paradies, am Montag sofort abreisen in die Schweiz, sonst wird nichts aus meiner Italienreise. Unterwegs die Lampe vorne rechts ersetzen lassen, und weil dazu beim Fiat das halbe Auto demontiert werden muss lasse ich das aus Kostengründen noch in Deutschland machen. Kostenpunkt: incl. Trinkgeld 20.- Euro, ein Klacks, nicht mal die Hälfte des heimatlichen Preises!
Dann ab nach Hinwil wo ich mich von unterwegs zum Abgastest angemeldet habe. Nach einer Stunde ist auch das erledigt. Kostenpunkt: incl. Trinkgeld Fr. 140.-, wir sind halt in der Schweiz. Aber hurra, zwei der Minuspunkte sind erledigt, der überfällige Service muss warten, der kann nicht kurzfristig gemacht werden. Aber oha, es kommt noch was!
Ein ernstes Problem.
Da es bereits später Nachmittag ist beschliesse ich eine Nacht zuhause zu schlafen und erst morgen nach Süden zu fahren. Also zuhause einparken, aussteigen, und als erstes sehe ich eine schwarze Brühe unter meinem Auto heraus rinnen. Rabenschwarzes Motorenöl rinnt über den Asphalt, mir wird genauso schwarz vor meinen Augen!
Sofort einsteigen und retour nach Hinwil, vorsichtig, keine hohen Tourenzahlen, denn der Ölstand ist am sinken! Es klappt, ich komme heil an und es bildet sich sofort wieder eine schwarze Lache, es hat also noch Öl drin. Der Mechaniker verwirft alle Hände, schwört hoch und heilig, ausser dem Test nichts gemacht zu haben, holt eine Auffangwanne und fängt an herum zu tasten. Und hält plötzlich ein Teil in den Händen, und nun plätschert es richtig.
Das Teil ist der Ölfilter, er hat nur noch an den letzten paar Gewindegängen gehangen und wäre wahscheinlich in Kürze ganz abgefallen und das ganze Öl wäre vollständig ausgelaufen.
Die Dichtungen des Filters sind altershaber beinhart, und beim Stressen des Motors beim Abgastest muss sich der Filter gelöst haben. Beim Fahren dann hat er sich durch die Vibrationen immer weiter gelöst. Zum Glück bin ich nicht schon auf der langen Reise in den Süden gewesen, ich hätte das alles nicht gemerkt bis der Motor trockengelaufen wäre. Aber eben: wäre der Service termingerecht erfolgt wäre ein neuer Filter mit weichen Dichtungen drin gewesen und nichts hätte sich gelöst. Das ist halt der Fluch der bösen Tat, oder hier der nicht erfolgten guten Tat sprich Service! Kostenpunkt: incl. Trinkgeld Fr. 80.-, geht auch noch.
Neuer Start.
So, mit neuem Filter und auch frischem Öl fahre ich dann am anderen Morgen entspannt nach Süden, rechtzeitig zum angesagten grossen Wetter-Umschwung. Ziel ist das Centovalli, da gibt’s einen kleinen Zeltplatz den ich mal mit A angefahren hab. Im Mesocco fängt’s an zu regnen, nicht so schlimm wenn der Scheibenwischer funktionieren täte. Aber er tut nicht, und die total verdreckte Scheibe trägt nichts zur Übersicht bei. Auf der Weiterfahrt stelle ich fest dass auch die Ventilation, die Steckdosen und ein paar andere Dinge am Armaturenbrett nicht mehr funktionieren.
Neues Problem.
Vor Bellinzona muss ich von Hand die gröbsten Tierleichen entfernen, und prüfe mit der Betriebsanleitung in der Hand die entsprechenden Sicherungen. Alle sind in Ordnung, ich finde keinen Fehler, aber es gibt trotzdem keinen Strom! Ich suche im Internet nach einer Fiat-Garage, finde nichts Passendes, dafür einen Bosch-Service. Dahin fahre ich, mitten in Bellinzona, und man nimmt sich auch sofort Zeit für mich. Nach langem Suchen findet der clevere Mann eine hinter der Batterie versteckte 70 A starke Sicherung. Die hat nur die Aufgabe ein Relais abzusichern welches die grösseren Ströme zu den einzelnen Geräte-Sicherungen leitet. Und genau diese Sicherung ist im Handbuch nirgends erwähnt! Nach dem Ersatz geht alles wieder wie gewohnt, Hurra!
Kostenpunkt: Sicherung 1.50.-, gewusst wo 68.50, mit Trinkgeld total Fr. 80.-, ich bin zufrieden!
Ab die Post in Richtung Centovalli, es fängt wieder an zu nieseln, also Scheibenwischer an, tot!!! Lüftung an: tot! Steckdosen: tot! Sch….e, also retour in die Stadt, zum Boschmann. Der staunt, prüft als erstes die erwähnte Sicherung, sie ist wieder defekt. Also ersetzen, alles prüfen, alles funktioniert, rätselhaft. Er startet den Motor, alles funktioniert immer noch, nun will er rückwärts aus der Halle fahren,und jetzt stürzt wieder alles ab!
So, der Fehler ist gefunden: der Rückwärtsgang-Schalter ist defekt, ein Kurzschluss, welcher diese ominöse Vor-Sicherung killt. Da dieser Schalter aber am Getriebe sitzt ist dies eine Sache für eine Fiat-Garage, er kann diesen nicht ersetzen. Aber er unterbricht den Schalter, ich habe jetzt halt keine Rückfahrlampen mehr, was solls, ich fahre ja eh lieber vorwärts, dafür hält jetzt die Sicherung und der ganze Rest funktioniert wieder problemlos. Kostenpunkt: nochmals Fr. 80.-, langsam läppert’s sich doch zusammen, bald schon der Preis für den ausgefallenen Service!
Nochmals neuer Start.
Aber jetzt ab ins Centovalli, das Wetter ist wieder gut, und hoffentlich ist die Pannen-Serie zu Ende! Ich finde den Platz, er hat sich sehr verändert, zum Positiven. Klein, aber fein! Es hat viel freien Platz, ich kann mich nach Belieben aufstellen.
Zufällig stehe ich in der Nähe von zwei Frauen die beim Kaffee sitzen. Es gibt sofort ein Gespräch, woher, wohin und so. Ich weiss in kurzer Zeit sehr viel von den Beiden. Die eine ist von Ragaz, Myr, ist verheiratet aber der Mann ist Schwertransport-Fahrer und ist am Arbeiten, die andere, die Car, ist von Uzwil, hat einen Freund, aber das Verhältnis ist jetzt in Auflösung, darum ist sie allein hier. Beide haben einen Saisonplatz hier, beide sind im Alter von meiner verstorbenen Tochter, Myr ist Hausfrau, Car ist Pflegefachfrau in einem Heim für Demenzkranke. Wahrscheinlich ist den Beiden langweilig, da kommt so ein Alleinfahrer gerade recht zum quatschen!
So, mir passt’s da, ich bin also endlich wieder am entspannen, schönes Wetter trotz gegenteiliger Prognosen, gute, attraktive Nachbarschaft.
Am späteren Abend Nachtessen im Gartenrestaurant mit meinen zwei Nachbarinnen, ich fühle mich sauwohl, werde einige Tage bleiben und mich vom Stress erholen. Und dann geht die Reise über viele Zwischenhalte weiter nach Italien, hoffentlich ohne weitere technische Probleme. Man darf gespannt sein.