Spanien 2005

Zu unserer zweiten Überwinterung starteten wir Anfangs Januar. Ich musste mir wettermässig ein Zeitfenster für die Abfahrt aussuchen, mindestens zwei Tage schnee- und eisfrei, denn ich fuhr mit Sommerreifen! Ich wollte die Strecke bis nach den Pyrenäen problemlos bewältigen.

Wir fuhren kurz nach Mitternacht los, die Idee war, ein paar Stunden zu fahren bis ich müde bin, dann etwas essen, kurz schlafen, dann weiterfahren und so fort. Es hat sich gut bewährt, wir kamen ziemlich verkehrsfrei aus der Schweiz, auch bei Lion hatten wir Glück und waren dann rechtzeitig vor Torschluss in Palavas les flots auf dem uns schon bekannten Stellplatz. Erste Etappe problemlos geschafft.

Wir hatten ursprünglich das Ziel auf den letztjährigen Platz im Cabo de Gata zu fahren und uns dort mit M&P, einem Münchner-Ehepaar wieder zu treffen. Wir hatten letztes Jahr vereinbart dass wir uns ab und zu telefonisch kontaktieren und dann definitiv etwas abmachen würden. Jedoch hat das nicht geklappt, die angegebene Tel.-Nummer war falsch. Und von den Beiden kam auch nie ein Anruf, sodass wir annahmen dass ein weiterer Kontakt nicht gewünscht sei.

So hatten wir als Ziel nicht den Cabo de Gata sondern wir wollten quer durch Spanien an die portugiesische Küste und uns dort einen Platz suchen. Der Gesundheits-Zustand meiner Frau war noch moderat, sie benötigte zwar noch keine dauernde Sauerstoff-Unterstützung, aber sie war halt schon sehr kurz-atmig bei Anstrengungen.

Das zweite Etappenziel war der Gänseplatz in Hospitalet de l’Infant, uns bekannt vom letzten Jahr. Dies war einer der wenigen Plätze auf der Strecke welche ganzjährig geöffnet waren. Am nächsten Tag ging’s weiter südwärts, bei Valencia sind wir dann nach rechts ins Landesinnere abgebogen.

Wir planten auf Höhe Lissabon den Atlantik zu erreichen und unsere Suche dann nach Süden auszurichten. Irgendo unterwegs haben wir einen Campingplatz gefunden, der zwar geschlossen war aber einen grossen Vorplatz hatte. Da haben wir ungestört geschlafen. Danach haben wir noch eine Nacht auf einem Platz in Carlota verbracht und haben die Küste schliesslich in Comporta erreicht.

Und nun begann eine sehr frustrierende Suche nach einem tauglichen Überwinterungs-Platz! Wo immer wir glaubten etwas Passendes gefunden zu haben waren bereits mehrere Anwärter auf einen freiwerdenden Platz da. Teilweise standen bis zu 15 WoMo’s und Caravan’s vor den Zufahrten, die Wartezeiten betrugen bis zu zwei Wochen!

Erst am untersten Zipfel Portugals, in Sagres, hatten wir dann das Glück einen Platz für zwei Nächte zu erhalten. Der an einem Abhang hoch auf einer Steilküste gelegene Platz wäre sowieso für eine Überwinterung nicht geeignet gewesen, für A wären die Wege zu steil gewesen.

Also weiter nach Osten Richtung spanische Grenze. In Olhao haben wir auf einem Campingplatz übernachtet der aber auch ungeeignet war zum überwintern. Dann weiter, immer mit dem gleichen Bild: Warteschlangen vor den Campingplätzen. Da unten geht offenbar alles nur über Voranmeldungen oder eben auf Zufall. Wir haben darum frustriert Portugal verlassen und sind in der Gegend von Cadiz wieder ans Meer gekommen.

Und kurz danach, in Conil de la Frontera, haben wir eine ganze Anzahl von Camping-Plätzen gefunden, die meistens geschlossen oder belegt oder für uns ungeeignet waren. Aber bei einem war die Schranke offen. Da sind wir reingefahren, obwohl die Rezeption unbesetzt war. Der Platz war menschenleer, offenbar nicht in Betrieb. Es war ein richtiger dichter Pinienwald, wie ein Park, und wir haben beschlossen: hier bleiben wir nun einfach ein paar Tage um uns vom Stress zu erholen.

Und da standen wir nun, ganz allein, liessen’s uns gutgehen und ich fing an unsere Pläne zu überarbeiten. Kein Mensch hat sich um uns gekümmert, aber nach ein, zwei Tagen ist mir aufgefallen dass auf einem Strässchen am Rande des Platzes ab und zu Fahrräder und auch Autos verkehrten. Wir wollten unsere Umgebung erkunden und sind auf diesem Strässchen spazieren gegangen.

Und nun ist ein Zufall eingetreten wie er unwahrscheinlicher kaum sein kann! Ein Fahrrad-Fahrer hat uns von hinten überholt und ist mir etwas sehr nahe gekommen. Ich habe ihm ziemlich aufgebracht einen Schimpfnamen hinterher gerufen, worauf er sich umgedreht hat, wahrscheinlich weil er kein Schweizerdeutsch verstanden hat. Und dann ein Schrei: «Hallo, du bist doch R aus der Schweiz, was macht ihr denn hier». Es war P aus München, unser Bekannter vom Cabo de Gata!

Grosses Hallo, zuerst musste natürlich die Frage geklärt werden warum der Kontakt nicht wie abgesprochen geklappt hat. Es hat sich herausgestellt dass er bei unserer Nummer nie die Landes-Vorwahl +41 eingestellt hatte, und andererseits seine Nummer bei uns falsch aufgeschrieben war. Danach haben wir ihm erzählt dass wir völlig zufällig hier gelandet sind und haben ihm unsere Odyssee geschildert.

Er hat uns aufgeklärt dass dieser Teil des Platzes im Winter geschlossen sei und sie mit vielen anderen Campern auf dem hinteren Teil, einem FKK-Platz überwintern täten. Sie seien schon öfters hier gestanden. Wir sind dann mit ihm dahin gelaufen. M hat fast der Schlag getroffen als sie uns gesehen hat. Sie hat fast geweint vor Freude, sie war sehr enttäuscht weil wir uns nicht mehr gemeldet hätten!

Sowas muss man selber erlebt haben, war’s Zufall oder sonstwas: für uns war es ein Geschenk des Himmels! Wir hatten endlich einen Platz und zudem unsere Freunde gefunden! Wir haben sofort unser WoMo auf einen schönen freien Platz umgestellt. Dieser Zufall hat sich natürlich herumgesprochen, wir wurden gleich in die Gruppe integriert.

Irgendwann tauchte dann auch A, der Platz-Verwalter auf und wir konnten uns offiziell anmelden. Er hätte uns bereits gesehen auf dem vorderen Platz, er wäre dann schon mal vorbei gekommen, meinte er. Er war ein Deutscher, ein ehemaliger Pilot bei der RyanAir.

Nun verbrachten wir ein ganz tolle Zeit hier in Conil. Mit unserem Roller war das Städtchen leicht zu erreichen, und fussläufig gab’s einen kleinen Hafen mit einem Restaurant. Es entwickelte sich eine Gruppe von etwa 10 Personen welche recht familiär miteinander umging, miteinander Festchen feierte oder Ausflüge machte. Die Freundschaft mit unseren beiden Münchnern vertiefte sich sehr.

Wir machten lange Spaziergänge auf der Steilküste. Am Hafen konnte ich jeden Tag den Bau eines Schiffes in alter Handwerks-Kunst verfolgen.

Einer der Wochen-Höhepunkte war jeweils der Markt in Conil, wo man von marrokanischen Leder-Waren über Lebensmittel, Gemüse und Früchte bis zu Damen-Unterwäsche alles kaufen konnte, er hiess der «Schlüpfer-Markt»! Da traf sich dann jeweils die ganze Camper-Gemeinde im Strandcafe.

Einmal war danach mein Roller verschwunden! Ich hatte ihn in einer Reihe mit vielen anderen am Strassenrand abgestellt. Die waren alle noch da, nur meiner fehlte. Jemand hat mich informiert dass die Polizei ihn abtransportiert hätte. Einer unserer Freunde der spanisch sprach kam dann mit mir auf den Polizeiposten. Der war im ersten Stockwerk eines Hauses, und da stand auch mein Roller.

Ich hätte in einem Parkverbot gestanden, wurde argumentiert. Auf die Frage warum nur ausgerechnet der einzige nicht spanische Roller gebüsst werden sollte wurde gar nicht eingegangen. Nachdem 80 Euro den Besitzer gewechselt hatten konnte ich wenigstens genussvoll zusehen wie sie meinen Roller mühsam wieder die Treppe hinunter gewuchtet haben.

Ein anderes Erlebnis mit dem Roller hatten wir als wir nach einem Einkauf in Conil auf unseren Platz zurück fuhren. Wir hatten das Heck-Case mit Weinflaschen vollgefüllt und waren daher ziemlich heck-lastig. Beim Umfahren eines Kreisel passierte es dann: auf dem feinen Flugsand rutschte das Vorderrad aus und die ganze Fuhre schlitterte in die Pampas! Wir hatten Glück: A ist nichts passiert, ich hatte zwar Schmerzen aber es ging, und die Wein-Flaschen hatten auch überlebt. Auf dem Platz wurden dann meine angeknackten Rippen und die blutenden Wunden von einer Nachbarin aus dem hohen Norden verarztet. Sie war eine Reiki-Therapeutin, ich liess mir die Behandlungen gerne gefallen!

Wir kriegten Besuch von zuhause, unsere Freunde R&C trafen ein, sie stellten sich allerdings auf dem vorderen Platz hin wie wir am Anfang. Zusammen verbrachten wir ein paar Tage mit grillen, essen und natürlich trinken. Sie reisten dann weiter Richtung Portugal.

In der Karwoche, der Semana Santa füllte sich sowohl der Textil- wie auch der FKK-Teil mit Spaniern, da war’s dann mit der Ruhe vorbei! Überall Lärm, Musik, sogar am Strand unten hatte man keine Ruhe mehr. Und der Preis auch für uns verdoppelte sich für diese Zeit ganz einfach!

Gegen Ende März machten wir uns auf den Heimweg, wir wollten unterwegs noch einige Orte besuchen. Wir verliessen die Gruppe ungern, wir hatten eine gute Zeit zusammen. Einige der Beziehungen sollten dann auch sehr lange Zeit erhalten bleiben.

Unser nächster Halt war in Torre del Mare auf dem Platz Almanat, dort besuchten wir ein Paar aus Konstanz welches bereits etwas früher in Conil abgereist war. Weiter ging’s nach Los Esqullos, aber wir fanden hier keine Bekannten vor, wir haben daher im Dorf San Jose wild übernachtet.

Eine weitere Nacht haben wir in Cabo de Gata verbracht, es gab da einen grossen Parkplatz auf dem bereits einige WoMo’s standen. Ein paar Meter daneben verkauften die Fischer frische Ware direkt am Strand.

Weiter auf dem Heimweg besuchten wir ein Ehepaar aus Berlin, sie standen auf dem FKK-Platz El Templo del Sol. Wir verbrachten aber nur zwei Nächte da, das Gelände war für A zu anstrengend.

Wir sind deshalb umgezogen auf den «Gänse-Platz», der liegt unmittelbar neben dem Templo, aber halt direkt am Meer, für A ideal. Da sind wir dann noch eine Woche geblieben und haben das Meeres-Rauschen genossen.

Dann war wieder mal der Stellplatz in Palavas les flots an der Reihe, auch der Stellplatz beim LeClerc-Einkaufs-Center in Bollene wurde wieder angefahren, alles bereits bekanntes Terrain. Und am 20.April standen wir wieder zuhause, eine glückliche Heimkehr nach einer doch recht langen Zeit.

Diese Überwinterung hat wesentlich länger gedauert und es wurde weiter gefahren als im vorderen Jahr. Für A war’s ein paar mal schon etwas grenzwertig, zukünftig sollte es weniger Stress geben. Insgesamt jedoch haben wir viel Schönes erlebt, haben alte Freunde wieder gefunden und neue Bekanntschaften gemacht. Wir werden weiter reisen!

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