Überwintern in Andalusien, ja oder nein?
Diese Frage stelle ich mir zur Zeit wieder mal.
Viele Male habe ich in Andalusien überwintert, erstmals im Jahre 2004. Damals mit A, meiner inzwischen verstorbenen Frau. Der Grund war der, dass ihr das Winter-Klima da unten zuträglicher war als zuhause. Später dann allein, als Witwer, und seit kurzem mit P, meiner Partnerin. An drei unterschiedlichen Destinationen haben wir jeweils verweilt.
Da ist zum Ersten der Campingplatz “Los Esqullos” im Cabo de Gata, nahe bei San Jose im Gebiet Almeria. Der Platz liegt mitten in einem der grössten Naturschutz-Gebieten Europas, der einzigen Halbwüste und sie gilt als das trockenste Gebiet Spaniens. (36.802984, 2.077491)
Das Gebiet ist total umringt von der sogenannten “Costa del Plastico”, einer unendlichen Wüste von Plastikhallen in denen unser Gemüse wächst, vielfach ohne Natur in Hors-Sol-Hallen. Wenn man dieses Schreckensgebiet aber durchfahren hat befindet man sich in einer einzigartigen, teilweise bizarren Landschaft, eben wüsten-ähnlich, fast menschenleer, weitgehend unberührt.
Ein anderer Platz befindet sich ca. 30 Km vor Malaga, neben Torre del Mar, einer lebendigen Kleinstadt direkt am Mittelmeer. Der Platz heisst “Almanat”, ist ein FKK-Platz und bietet alles was man zum Wohlfühlen braucht: Schwimmbad, Sauna, Bar, Gas-Tausch, fussläufig zur Stadt, schöner Strand, billige Busverbindung nach Malaga, ect. Aber auch hier muss man zuerst durch eine trieste Gemüse-Pflanzung durch bis man im Paradies ist. (36.726921, 4.113238)
Ein Tipp: die Weihnachts-Beleuchtung in Malaga ist einzig-artig, sensationell, und noch um Mitternacht ist die ganze Stadt lebendig!
Ein dritter Ort, meistens erst ab Februar angefahren, ist bei Conil de la frontera, am Atlantik unweit Cadiz. Der Platz heisst “Cala Del Aceite” und ist ebenfalls ein FKK-Platz. Auch hier werden viele Annehmlichkeiten geboten, nebst Schwimmbad sogar eine Sauna. Im nahen Hafen gibt´s ein Restaurant, aber der Ort Conil ist nur per Fahrrad oder motorisiert zu erreichen. (36.299880, 6.130317)
Auf allen diesen drei Plätzen haben sich im Lauf der Jahre Bekanntschaften und teilweise auch Freundschaften gebildet durch das doch manchmal monatelange Zusammen-Leben. Man hat ziemlich genau gewusst wen man auf welchem Platz antrifft und hat sich gefreut und war immer sofort zuhause.
Oftmals hat man diese Paare dann zufällig wieder anderswo getroffen, in Kroatien, Frankreich oder Deutschland. Oder man hat sich gezielt gegenseitig besucht. So ist mit der Zeit ein lockeres Beziehungs-Netz entstanden, ohne grosse Abmachungen und ohne Verpflichtungen, einfach schön. Meine Überwinterungen haben in der Regel von Ende Dezember durchschnittlich drei Monate gedauert.
In den letzten Jahren habe ich nun aber das Gefühl dass sich das Klima da unten sehr verändert hat. Anfangs lebten wir ab Januar meistens ziemlich “blank”, und auch nach Gewittern war’s meistens sofort wieder warm und sonnig.
Zunehmend hat sich dies aber laufend verschlechtert, und dies ist nicht nur in meinen Empfindungen so. Auch meine in- und ausländischen Freunde berichten von längeren Schlechtwetter-Perioden, teilweise sintflutartigen Regenzeiten!
Ich selber habe so in den Jahren 2014/2015 enorme Stürme erlebt, bei denen doch einige Freunde zu Schaden gekommen sind, solche Stürme die sogar die Einheimischen noch nie erlebt hatten!
Mein letzter Aufenthalt auf Los Esqullos hat nur Januar und Februar gedauert, wir sind zugunsten einer langen Heimreise früher als geplant abgereist. Wir hatten zwar recht gutes Wetter, aber trotzdem musste man sich so ab 16.00 Uhr warm anziehen, wenn die Sonne schon schräg stand. Schuld war der Wind!
Schon lange war mir aufgefallen dass gegenüber früher viel öfters und stärker Wind bläst. Ich habe mich im Internet etwas umgesehen. Wissenschafter haben gemessen dass sich der Golfstrom um etwa ein halbes Grad abgekühlt hat. Eine Folge davon sei dass sich die Druck-Verhältnisse, zwar wenig, aber doch so verändern haben dass dies grossen Einfluss auf die Zugbahnen der Winde habe. So kommen offenbar Tiefdruck-Gebiete, welche früher über die Biscaia und Südfrankreich nach Osten gezogen sind heute viel südlicher, über Marokko und Südspanien durch. Ich habe von Freunden aus Agadir gehört dass sie teilweise so starken Wind hätten dass man kaum mehr am Strand stehen könnte!
Und das führt dann halt dazu dass, trotz Sonne, die gefühlte Temperatur als zu kühl empfunden wird. Wenn ich Foto’s von früher mit jetzigen vergleiche dann fällt schon auf dass wir früher eben meistens sehr leicht bekleidet daher kommen, und heute, zu gleichen Zeitpunkten, in warmen Jacken herumsitzen.
Und darum stellt sich dann eben die Frage: Überwintern ja oder nein?
Tatsache ist, wir werden älter! Man möchte warm haben, besonders wenn Gebrechen vorhanden sind wie Arthritis oder ähnliches. Ein nasser Hund ist im WoMo auch nicht unbedingt das Wahre, und bei längeren Regen-Perioden fällt einem das Dach im WoMo bei allem Komfort schnell auf den Kopf. Und für nur wenig besseres Klima als zuhause eine Reise über 4’ bis 5’000 Km zu machen ist nicht unbedingt sinnvoll.
Andererseits, es könnte ja sein dass man eine längere gute Wetterlage erwischt mit wenigstens trockenem Wetter, den Wind kann man dann besser in Kauf nehmen. Und man trifft seine alten Bekannten wieder mal. Obwohl: es werden immer weniger, denn viele machen ähnliche Überlegungen wie ich und stellen sich genau die gleichen Fragen und bleiben zuhause. Und einige sind krank geworden oder sogar gestorben.
Vielleicht ist nun der Zeitpunkt gekommen wo man erkennen muss: alles hat seine Zeit!
Diese Veränderung muss nicht negativ sein, sie eröffnet neue Möglichkeiten. Für den Winter 2019/2020 jedenfalls ist der Entschluss gefasst: wir bleiben zuhause! Dafür planen wir dann zeitig im April einen Monat oder so in Kroatien, und danach sehen wir weiter. Meistens kommt’s ja sowieso anders als ich plane, darum: mal schauen!